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Brustrekonstruktion - Möglichkeiten des Wiederaufbaus

Bei Brustkrebs kann man heute zumeist brusterhaltend therapieren. In rund 30 bis 40 Prozent der Fälle muss man die erkrankte Brust jedoch vollständig entfernen. Dann gibt ein Aufbau Patientinnen neue Kraft.

 

KOSMETIK International, 02/2009

Brustkrebs ist mittlerweile die häufigste bösartige Tumorart, die jede 10. Frau betrifft. Zurzeit gibt es in Deutschland jährlich rund 48 000 Neuerkrankungen. Die Sorge von Frauen, an Brustkrebs zu erkranken und ihre Brust zu verlieren, ist daher groß. Kommt es tatsächlich so weit, ist das eine starke psychische Belastung. Denn die weibliche Brust ist seit jeher das zentrale Symbol für Weiblichkeit, Sexualität und Mütterlichkeit. Muss eine Brust im Rahmen der Therapie vollständig entfernt werden, beeinträchtigt das sowohl das körperliche als auch das seelische Befinden. Durch den chirurgischen Wiederaufbau der Brust lässt sich das Selbstwertgefühl so steigern, dass sich die Patientinnen wieder als „vollwertige“ Frau fühlen. Welches Verfahren der Brustrekonstruktion man wählt, hängt von vielen Gegebenheiten ab und muss individuell festgelegt werden.

Eine wesentliche Rolle spielt der Gewebezustand, den die Brust nach der Tumor- oder Brustentfernung aufweist. Dabei haben folgende Faktoren Einfluss auf die Verfahrenswahl: Menge und Qualität der verbliebenen Haut sowie des Weichteilgewebes, die Größe der gesunden Brust auf der Gegenseite, die Körperform und der Stand der Tumortherapie. Mit einzubeziehen sind im Rahmen der Planung selbstverständlich auch die persönlichen Vorstellungen, Wünsche und Ansprüche der Patientinnen an die „neue“ Brust.

Zwei generelle Wege

Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Verfahren, um eine Brust zu rekonstruieren – die Verwendung von Brustimplantaten oder Eigengewebe. In Einzelfällen müssen auch beide Methoden miteinander kombiniert werden, um ein optimales Ergebnis zu erzielen: Zusätzlich zur Rekonstruktion mit Eigengewebe kann man ein Implantat z. B. zur Größenanpassung einsetzen. Alle Methoden haben sowohl Vor- als auch Nachteile, die bei der Wahl des Verfahrens genau gegeneinander abgewogen werden müssen. Eine wesentliche Voraussetzung für ein gutes Operationsergebnis ist aus diesem Grund die Planung. Vor jedem Eingriff wird vom Operateur analysiert und mit der Patientin festgelegt, wie die zukünftige Form der Brust aussehen soll und welches Ergebnis zu erreichen ist. 

Implantate verwenden

In der Regel wird die Brustrekonstruktion mit Implantaten in mehreren Schritten durchgeführt. Nach der Entfernung der kompletten Brust fehlt der Brustmantel. Dieser muss also zuerst rekonstruiert werden. Dafür legt man unter die verbliebene Brusthaut zunächst einen Gewebeexpander ein. Der ballonartige Expander wird über Wochen mit Wasser aufgefüllt. Mit zunehmender Füllung wird das Gewebe immer weiter gedehnt und formt sich zu einer Brusthülle. Die Auswahl des Expanders ist besonders wichtig, da durch ihn bereits im Vorfeld Größe und Form der angestrebten Brust festgelegt werden. Im zweiten Schritt wird der Expander gegen ein Implantat ausgetauscht. Die Größe richtet sich u. a. nach dem Volumen der gesunden Brust auf der Gegenseite. Ziel ist es, durch die richtige Auswahl des Implantats eine gute Symmetrie hinsichtlich Größe, Volumen und Form zu erreichen. Dafür stehen über 200 verschiedene Implantatformen zur Verfügung. Am häufigsten werden heutzutage Silikongel- Implantate eingesetzt, die in Bezug auf Form und Tastempfinden kochsalzgefüllten Implantaten überlegen sind. Vorteile dieses Verfahrens sind die kurze Dauer und die einfache Durchführbarkeit der Operation, die auch nicht mit einer zusätzlichen Narbenbildung verbunden ist. Allerdings wirkt das Ergebnis nach einer Implantatrekonstruktion weniger natürlich als nach einem Wiederaufbau mit Eigengewebe. Auf der Implantatseite wird die natürliche Brusterschlaffung gestoppt, und mit der Zeit stellt sich eine zunehmende Asymmetrie zwischen beiden Brüsten ein. Nicht zu vergessen ist auch die Gefahr einer Verkapselung (Kapselfibrose), zu der es in vier bis acht Prozent aller Fälle kommt.

Man unterscheidet auch verschiedene Brust OP-Techniken:

- Latissimus Dorsi-Lappen: Eines der ersten Verfahren der Brustrekonstruktion war der Brustaufbau durch einen gestielten Latissimus dorsi-Lappen (Rückenmuskel). Bei diesem Standardverfahren wird der Rückenmuskel nach vorne in die Brustregion verlagert. Die Blutversorgung des Muskels bleibt dabei erhalten, so dass ein mikrochirurgischer Anschluss an die Gefäße der Brustwand nicht notwendig ist. Die Entnahmestelle am Rücken kann zwar direkt verschlossen werden, die zurückbleibende Narbe verbreitert sich aber sehr häufig.  

Pro & Contra

Der Vorteil dieses Verfahrens ist sicherlich die kurze Operationsdauer. Nachteil dieser Methode ist, dass der Muskel relativ dünn ist und aufgrund einer Muskelschrumpfung noch nachträglich an Volumen verliert. Der Gewebeblock reicht in diesen Fällen nicht aus, um eine genügend große Brust zu rekonstruieren. Häufig muss zusätzlich noch ein Implantat eingelegt werden, um ein ausreichendes Volumen und eine gute Symmetrie zu erzielen. Nicht zu unterschätzen ist die Gefahr, dass es nach der Entfernung des Rückenmuskels zu einer Schwäche in der Schulter kommen kann. Die enormen Fortschritte in der plastisch- rekonstruktiven Chirurgie und die Weiterentwicklung der Rekonstruktionverfahren haben diese Methode zum Verfahren der zweiten Wahl gemacht. Es eignet sich jedoch besonders für Frauen, die sehr stark an Übergewicht leiden und für die andere Methoden zum Teil nicht in Frage kommen.

- TRAM-Lappen (Transverser Rectus Abdominis Muskellappen): Zur Rekonstruktion wird ein Gewebeblock vom Unterbauch entnommen, der aus dem geraden Bauchmuskel, Fettgewebe und Haut besteht. Voraussetzung dafür ist, dass genügend Gewebe am Unterbauch vorhanden ist. Dieser Muskellappen kann als gestielte oder freie Lappenplastik zur Brustrekonstruktion verwendet werden. Im ersten Fall wird der gerade Bauchmuskel am Unterbauch gelöst und in die Brustregion umgeschlagen. Da der Muskel aber nicht vollständig gelöst wird, ist die Formbarkeit eingeschränkt.  

Für eine bessere Optik

Schönere kosmetische Ergebnisse lassen sich aufgrund der besseren Modellierungsmöglichkeiten mit „freien“ TRAM-Lappen erzielen. Hier muss der Gewebeblock jedoch komplett von den versorgenden Blutgefässen gelöst und anschließend wieder mit den Blutgefässen an der Brust verbunden werden. Vorteil des TRAM-Lappens ist, dass gleichzeitig das Volumen, die Konsistenz und die Form rekonstruiert werden können. Er bietet auch die Möglichkeit, große, voluminöse Brüste mit einer natürlichen Brustform so zu rekonstruieren, dass eine angleichende Korrektur der anderen Brust nicht unbedingt erforderlich sein muss. Nachteil des Verfahrens ist neben der längeren Operationsdauer die Schwächung der Bauchwand durch die Entnahme des Bauchmuskels. Dadurch besteht die Gefahr von Bauchdeckenbrüchen (Hernien). 

 - DIEP-Lappen (Deep Inferior Epigastric Perforator Lappen): Er stellt zurzeit den Gold-Standard bei den  Rekonstruktionsverfahren dar. Es  handelt sich bei der Methode um  eine Weiterentwicklung des TRAM Lappens,  bei der man auf die Mitnahme  des Bauchmuskels verzichtet.  Dadurch ist es zu vermeiden,  dass die Bauchwand geschwächt  wird. Bei diesem Verfahren wird aus  dem Hautfettgewebe des Unterbauches  eine neue Brust geformt. Es  handelt sich hier um eine freie Lappenplastik,  so dass die Lappengefäße  mit den Brustwandgefäßen  mikrochirurgisch verbunden werden  müssen.   

- SGAP-Lappen/TMG-Lappen: Bei unzureichenden Gewebeverhältnissen am Bauch kommen als Alternativen  z. B. der freie SGAP-Lappen  (superior gluteal artery perforatorflap – das ist ein Gewebeblock aus  der Gesäßregion) oder der freie TMG-Lappen (transverse myokutane  Grazilis-Lappen – Gewebeblock  aus dem Oberschenkel) in Frage.  

Die Wiederherstellung der Brustwarze ist häufig der Abschluss der Brustrekonstruktion. Hierfür gibt es unterschiedliche Verfahren: z. B. lokale Hautverschiebungen zur Formung einer Brustwarze oder Hautverpflanzungen zur Rekonstruktion des Brustwarzenvorhofes. Je nach dem Ergebnis der Brustrekonstruktion sind auf der nicht betroffenen Seite manchmal Verfahren zur Symmetrieangleichung erforderlich, z. B. eine Brustverkleinerung, Bruststraffung oder Brustvergrößerung. Für jede Frau gibt es eine Lösung: Durch eine korrekte Analyse der Vorstellung der Patientin und medizinischem Befund lässt sich ein adäquates Verfahren finden.

Brustrekonstruktion - Chirurgische Möglichkeiten des Wiederaufbaus

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